20.10.2007

Bügeleisen, Wordtank, Vegetarisch

Hallo!

Obwohl ich eigentlich total keine Zeit habe, schreibe ich mal kurz was, bevor alles, was mir widerfährt, auch für mich selbst in der Vergessenheit verschwindet.

Ich will auch das große Vorurteil widerlegen, dass der Sprachkurs auf der Keiô so unglaublich schwer sein soll. Er ist ehrlich gesagt, nicht wesentlich schwerer als damals bei Fujita. Der große Unterschied ist nur, dass man hier alle Hausaufgaben etc. wirklich(!) machen muss. Alles wird eingesammelt, überprüft und benotet. Wenn man Fehler hatte, muss man die entsprechende Aufgabe (bzw. den Teil der Aufgabe) noch mal neu machen.

Es ist natürlich richtig unpraktisch, wenn man so blöd wie ich ist und dazu noch einen extra schweren Kanjikurs als Wahlpflichtfach nimmt. Ich eröffne bald im StudiVz die Gruppe „Kanji sind besser als Frauen“.


Yokohama. 9.10.07

Ich habe mir ein Bügeleisen gekauft. Jetzt lerne ich Bügeln. Das klappt auch eigentlich recht gut, nur ein ganz kleines Malheur ist mir widerfahren: Als ich fertig war, habe ich das Bügeleisen, nachdem es abgekühlt war, wieder zurück in den Schrank gestellt, wo auch die Uni-Unterlagen drin liegen. Jedoch habe ich vergessen, den „Dampfknopf“ wieder zu deaktivieren, soll heißen, das Scheißding ist ausgelaufen.


Keiô. 10.10.07

Ich habe einen Tandempartner kennen gelernt! … sehr stylisch gekleidet, spricht gut deutsch, ist sehr freundlich … ist aber männlich und heißt Takanori. Er war ein Jahr als Austauschstudent in Bonn und studiert eigentlich Wirtschaft.


Keiô. 12.10.07

Ich muss euch die Geschichte von Piketto-san erzählen. Piketto-san heißt im wahren Leben John Picket, ist Amerikaner, sieht aus wie eine Mischung aus Benjamin Rooney und Terence Hill (wenn ihr einen von beiden kennt, müsste das für ein grobes Bild ausreichen).

Piketto-san fiel zunächst dadurch auf, dass er ständig im Unterricht eingenickt ist. Als eine Dozentin ihn mal freundlich daraufhin gewiesen hat, meinte er, er würde in der Pause einen Kaffee trinken. Nach der Pause fielen ihm allerdings wieder die Augen zu und er bekam die Empfehlung, doch bitte etwas mehr zu schlafen.

Er lernte aus seinem Fehler und setzte sich nie wieder in die erste, sondern nur noch in die letzte Reihe, wo er von nun an gemütlich ratzen konnte.

Allerdings zeichnet sich Piketto-san noch durch eine weitere signifikante Charaktereigenschaft aus, die dem Klischee-Japanologen wunderbar entspricht: Er ist ein Otaku! Ja, er liest immer (vor dem Unterricht, während des Unterrichts, nach dem Unterricht in der Mensa …) Mangas.

Nun sind ebensolche Otakus ja bei dem Japanern besonders beliebt. In Deutschland könnte man das, was die Dozenten mit ihm machen, durchaus als „Mobbing“ bezeichnen. Wenn Piketto-san Beispielsätze erfinden soll und nicht sofort etwas antwortet, kommen so schmeichelhafte Vorlagen von den Dozenten wie „Weil Piketto-san Mangas mag, liest er sie von Morgens bis Abends“ oder „Früher waren die Mangas nicht so beliebt, aber heute liest sie jedes Kind“.

Wo ich gerade von meinem Sprackkurs erzähle, ein weiterer kurioser Teilnehmer ist Kim-san. Ein etwa 30jähriger, leicht machohafter Koreaner, der nur jedes zweite Mal zum Unterricht erscheint und immer so grandiose Beispielsätze erfindet wie: „Die besten Frauen der Welt sind Koreanerinnen.“ – „Ich lerne Japanisch, um mich mit Japanerinnen zu unterhalten.“ – „Wenn man zu viel trinkt, läuft man Gefahr, morgens neben einer hässlichen Frau aufzuwachen.“


Shibuya. 14.10.07.

Ich kaufe mir eine Hose aus tasmanischer Schafswolle. Toll, nicht?


Ikebukuro. 15.10.07.

Ikebukuro ist ein Einkaufsviertel ziemlich im Norden, über eine Stunde Zugfahrt für mich. Dort habe ich mich mit Takanori getroffen, er sollte mir dabei helfen, einen Übersetzungscomputer (Wordtank) zu kaufen.

Das ging am Ende wesentlich leichter als erwartet. Es gab in drei großen Geschäften jeweils dieselben beiden Modelle zum jeweils exakt gleichen Preis. Die 150-€-Variante für arme Schlucker, und die 300-€-Prollo-Variante mit Kanji-Aufmal-Touchpad, großem deutschen Wörterbuch, englischen Wörterbuch, Japanisch-Japanisch(e Worterklärung)-Wörterbuch … Ihr wisst schon, welche ich mir gekauft habe.


Hiyoshi. 15.10.07.

Ich bin noch mal mit Hae In weggegangen, aber diesmal war es irgendwie langweilig. Sie hat von ihrem Bier nur ein Viertel ausgetrunken, dadurch konnte ich mir aber immerhin das Geld für ein zweites sparen. Übrigens ist es in Japan und Korea eigentlich sehr unschön, sein Getränk weiter zu reichen oder andere Leute, auch Freunde, für Zigaretten anzuschnorren. Ich habe Yakitori gegessen, das heißt „gegrilltes Huhn“, schmeckt aber nicht so spektakulär. Na ja, bei dem Treffen war echt irgendwie gar nichts passiert, nur dass wir irgendwann mal zusammen was Deutsches kochen wollen und vielleicht irgendwann mal zusammen nach Kamakura fahren, das ist eine halbe Stunde Zugfahrt und da kann man sich Tempel angucken.


Keiô. 16.10.07

Der Zeitungslektürekurs ist sehr unterhaltsam. Der Dozent erinnert mich ein bisschen an Shimada und wirkt immer besoffen. Er gibt uns interessante Einblicke in die Gedankenwelt der Japaner. Auf der Keiô sind, laut ihm, nur Dummköpfe mit reichen Eltern, die die viel zu hohen Studiengebühren bezahlen können. Die Schlaueren, die die zentrale Aufnahmeprüfung für alle Studenten besser bestanden haben, dürfen auf die billigere staatliche Universität gehen, die auch einen besseren Ruf hat. Bei den Mädchen, die auf die Keiô-Highschool gehen, sieht es aber anders aus. Da die Highschools in der Umgebung alle etwa gleich sind, gehen die meisten zur Keiô, weil dort die Schuluniform schöner ist.

Ich will dazu noch anmerken, dass die Keiô-Schulmädchenuniform äußerst langweilig ist. Ein
weißes Hemd, darüber ein dunkelblauer Pullover und untenrum ein langer schwarzer Rock.


DAAD-Zentrum. 16.10.07.

Ich habe mal wieder meinen Geldgeber besucht. Jetzt weiß ich auch, dass mich u.a. die deutschen Steuerzahler finanzieren (neben den japanischen Steuerzahlern). Deshalb sollte ich ab jetzt noch arbeitsmotivierter sein … na ja, sollte …

Am Ende gab es vegetarisches Obentô (Lunchpaket, allerlei obskure Snacks in einer Holzschachtel). Ich habe gelernt, „vegetarisch“ heißt in Japan, dass das Essen keinen Fisch enthält. Rindfleisch, Garnellen und Fisch(!)paste sind demnach vegetarisch. Also ernähre ich mich nach japanischer Definition vegetarisch. Gut zu wissen.


Danach ist bis jetzt nicht mehr viel passiert, ich lerne halt größten Teil der Zeit. Bis bald!


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Ich kaufe mir eine Hose aus tasmanischer Schafswolle. Toll, nicht?"

Fotos?!

Anonym hat gesagt…

noch immer keine Kamera? ;D